Die Gänsehaltung

  

 Gänsehaltung vom Gössel bis zum Zuchttier

Beim Rassegeflügel ist der Züchter bestrebt, möglichst schöne, den Bewertungsrichtlinien entsprechende Nachzucht zu bekommen. Deshalb sind die Elterntiere mit ihrer genetischen Veranlagung von entscheidender Bedeutung. Die Ausgangstiere sollten im Idealfall alle gewünschten Anlagen  im hohen Maße besitzen, um sie an die Nachzucht zu vererben. In der Rassegeflügelzucht werden alle sichtbaren Anlagen wie z. B. Form, Stand, Feder, Säumung, Haltung, usw. beurteilt. Dennoch darf der Rassegeflügelzüchter jene Erbanlagen wie Frohwüchsigkeit, Vitalität, Fruchtbarkeit, tägliche Zunahme, Zutraulichkeit und Legeleistung, die in der Wirtschaftsgeflügelzucht oberste Priorität haben, nie außer Acht lassen. Auch diese Veranlagung ist für eine erfolgreiche Rassegeflügelzucht wichtig und sollte möglichst konstant über mehrere Jahre von den Zuchttieren erbracht werden.

Tiere die dem Ideal vom Rassegeflügel-Standard sehr Nahe kommen und zudem annähernd die geforderte Leistung und Anforderungen der Wirtschaftsgeflügelzucht erfüllen, sind häufig die Basis einer erfolgreichen Rassegeflügelzucht.

Um eine gleichmäßige, schöne Nachzucht zu bekommen, ist es vorteilhaft, wenn man mit möglichst wenig fremder Blutzufuhr auskommt. So positiv sich Fremdblut auf die Vitalität, Schlupffähigkeit und andere Dinge auswirkt, so negativ kann auch sein Einfluß auf rassetypische Feinheiten sein.

Ernährung und Fütterung der Zuchtgänse

Es versteht sich von selbst, dass die Leistung der Zuchtgänse auch entscheidend von der Fütterung sowie den Haltungsbedingungen abhängig ist. Hochwertiges, energiereiches Futter und eine Tagesverlängerung durch künstliche Beleuchtung beeinflussen den Legebeginn, die Legeleistung und auch die Befruchtung entscheidend. Ich achte z. B. bei meinen Zuchtgänsen darauf, dass sie nicht überfüttert werden, da gerade die Toulouser zum Verfetten neigen. Ihre tägliche Haferration wird mit Spurenelementen, Mineralien, Futterkalk und Austernschalen angereichert. Grober, gewaschenen Mauersand zur Förderung der Verdauung und Futterverwertung steht den Tieren ständig zu Verfügung. Die Gänse haben täglich eine Grundversorgung durch saftige Grünflächen, und jahreszeitlich bedingt zusätzlich mit Fallobst ( Äpfel ) sowie Futtermöhren. Etwa sechs Wochen vor dem geplanten Legebeginn erhöhe ich den Energiegehalt der Futterration durch angekeimten Hafer oder etwas Gänselegekorn. Einige Zuchtfreunde meinen es genügt, während der Mauser, also in der Ruhephase, die Gänse sparsam und mit minderwertigen Futter zu versorgen. Das mag eventuell für die Wirtschaftsgeflügelzucht zutreffen, aber als Rassegeflügelzüchter rate ich davon ab. Während der Legezeit haben die Gänse schon eine große Leistung vollbracht, und für die Erneuerung der Befiederung wird auch Energie benötigt. Für ein schönes, glänzendes und festes Federkleid ist eine Badegelegenheit, sowie eine ordentliche Futterration mit Spurenelementen und Mineralien erforderlich. Nur unter diesen Gegebenheiten können Gänse ein wirkliches Prachtgefieder entwickeln und damit den Halter und Züchter erfreuen.

Fütterung in der Kükenaufzucht (1.-8. Lebenswoche)

Gänseküken sind sehr frohwüchsig. Schon nach 21 Lebenstagen können sie ihr Schlupfgewicht von etwa 120g um bis zum 15-fachen erhöhen. Dieses enorme Wachstum läßt sich jedoch nur mit dem extra für Gänseküken produzierten Gänsekükenstarter, stets angebotenem frischen, kühlen Wasser und gerade in diesem Lebensabschnitt so wichtige Umgebungstemperatur erreichen. Die richtige Temperatur erkennt der Züchter am Verhalten der Gössel. 

Bei richtiger Temperatur: Die Gössel sind lebhaft, beweglich und im gesamten Bereich der Aufzuchtbox aktiv. Beim Ruhen äußern sie einen ruhigen, wohligen Schlaflaut und halten sich locker und nicht dicht gedrängt unter der Wärmequelle auf.

Bei zu niedriger Temperatur: Die Gössel sind kaum in Bewegung. Sie halten sich dicht gedrängt (Pyramiden bzw. Haufenbildung) unter der Wärmequelle auf.

Bei zu hoher Temperatur: Die Gössel halten sich außerhalb der Wärmequelle mit ausgebreiteten Flügeln auf. Bei sehr hoher Temperatur hecheln sie, um sich Kühlung zu verschaffen.

Gänsestarter soll den Gösseln ständig angeboten werden. Die Temperatur in der Aufzuchtbox ist enorm wichtig. Sie unterstützt das Wohlbefinden. Dadurch sind die Gössel agil, lebhaft und nehmen immer wieder Futter und Wasser auf. Kleingehackte Brennnessel und Löwenzahn, selbst eine Grassohle mit jungem, saftigen Gras wird von den noch kleinen Gösseln sehr gerne gefressen.

Was der Züchter in den ersten 4 Wochen der Aufzucht versäumt, kann später nie wieder aufgeholt werden.

Bei schönem Wetter können die Gössel in einem Kükenhock schon stundenweise Weidegang bekommen. Ab der 4. Lebenswoche verringert sich die Schnellwüchsigkeit. Deshalb ist die Fütterung auf weniger gehaltvolles Futter umzustellen, um Gelenk- und Knochenprobleme,sowie eine Verfettung zu vermeiden. Auch die Entstehung von Kippflügeln führe ich auf zu gehaltvolles Futter zurück. Ab einen Alter von 3 Wochen wechsel ich das Futter. Statt vorher den energiereichen Gänsestarter füttere ich Gänsemast. Die Umstellung ist problemlos. Die Tiere nehmen wie zu vor auch das angebotene Futter gerne auf. Das Mastfutter ergänze ich mit Vitakalk und Mykostin. Außerdem bekommen die Gössel täglich Gras durch Weideaustrieb. Im Alter von 4 Wochen müssen ( zumindest die Toulouser ) beringt werden. Beim Beringen führe ich gleichzeitig die Geschlechtsbestimmung durch.

Fütterung in der Jungtieraufzucht 

Ab der 9. Woche wachsen die Gössel wesentlich langsamer als in den Vorwochen. Deshalb benötigen sie weniger und nicht mehr so hochwertiges Futter. Ich biete den Toulouser Junggänsen kein Standfutter mehr an, lediglich abends Getreidekorn zum Sattfressen. Sattfressen, weil sich die Gänse bis zur 18. Woche noch in einer Teilmauser befinden. Auf keinen Fall  darf es auf Grund der sparsamen Fütterung zu Mangelerscheinungen kommen. Meinen Tieren stehen neben der zu vor erläuterten  Körnerfütterung ständig weite, saftige, maximal 10cm (Schnabellänge) hohe Grasflächen zur Verfügung. Bei der abendlichen Fütterung ist darauf zu achten, dass jedem Tier ein ausreichender Futterplatz  angeboten wird. Sonst kann es vorkommen,dass die Ranghöheren Tiere auf Kosten der Schwächeren fressen. Der Futterneid  unter den Gänsen ist bei der sparsamen Fütterung nicht unerheblich.

Aufzucht, Stallklima, Stallungen

Die Aufzucht der Gössel gliedert sich in die Abschnitte Warmaufzucht (1.-3. Lebenswoche) und Kaltaufzucht (4.-8. Lebenswoche). Für die Warmaufzucht wird ein Stallgebäude mit zusätzlicher Wärmequelle benötigt. Als Wärmequellen werden in der Hobbyzucht oftmals Dunkel und Infrarotstrahler, sowie Kükenwarmhalteplatten und auch Heizkabel im Bodenbereich verwendet. Bei der Aufzucht kann Kunst,- wie auch Tageslicht eingesetzt werden.  Am Verhalten der noch kleinen Gössel erkennt der Züchter ob eine tiergerechte Temperatur und Lüftung in der Aufzuchtbox vorhanden ist. Gössel, die gerade dem Schlupfbrüter entnommen wurden haben am Anfang einen hohen Wärmebedarf von etwa 32°C, welcher jedoch mit zunehmenden Alter stetig abnimmt. Damit sich die Gössel langsam abhärten können, wird die Punktheizung (Infrarotstrahler) alle 48 Stunden etwas höher gehängt, so dass die Bodentemperatur langsam sinkt. Nach drei Wochen ist keine Heizung mehr erforderlich. Im Alter von zwei Wochen bekommen die Gössel einen kleinen, an der Aufzuchtbox angrenzenden Auslauf. Dadurch wird die Abhärtung unterstützt und die Muskulatur wegen der zusätzlichen Bewegungsmöglichkeit gefördert. Beim Füttern spreche ich mit den Gösseln. So bekommen sie Vertrauen, sind nicht mehr schreckhaft und verbinden die menschliche Sprache mit für sie angenehmen wie z. B. frischem Wasser, Futter und schmackhaften kurzem Gras. Für den Tierbesatz im Stall gelten folgende Obergrenzen:

1. Woche = 20 Tiere/qm  -  2. Woche = 10 Tiere/qm  -  3. Woche =  8 Tiere/qm  -                 4.-8. Woche = 7 Tiere/qm

Überbesatz ist zu vermeiden,da er sich nachteilig auf Entwicklung, Wachstum und Wohlbefinden auswirkt. Die Tränke soll immer mit ausreichend Wasser gefüllt sein und möglichst weit vom Futtertrog und dem Punktstrahler stehen. Die Wassertiefe ist so zu bemessen, dass die Gössel ihre Augen noch eintauchen können. Somit haben sie die Möglichkeit Futterreste aus ihren Nasenlöchern zu spülen. Glatte Laufflächen wie Hölzböden und Siebdruckplatten sind für Gössel, ja selbst für ausgewachsene Gänse ungeeignet. Sie finden keinen Halt, rutschen aus und grätschen. Dadurch kann es zur Spreizbeinigkeit kommen. Deshalb wird der Boden mit einer dicken, trockenen Einstreu aus unbehandelter Hobelspäne oder kurzem Stroh gestreut. Die Einstreu muß trocken und locker gehalten werden. Nasse Einstreu wirkt sich nachteilig auf Brust und Bauchgefieder, Wohlbefinden, und Körperwachstum aus und erhöht das Krankheitsrisiko. Außerdem ist der Wärmeschutz von unten bei nasser Einstreu nicht gegeben.

Für die Zuchtgänse sind einfache Kaltställe ausreichend, da erwachsene Gänse gegen Kälte unempfindlich sind. Vorrausgesezt es besteht keine Gefahr durch Raubzeug kann man auch mit einen Unterstand auskommen. Sehr kalte Temperaturen bereiten den Gänsen keine großen Probleme. Auf Hitze reagieren sie jedoch negativ. Das wirkt sich sofort auf die Befruchtung, Legeleistung und Bruteiqualität aus. Eine Badegelegenheit und die Versorgung mit frischem, möglichst kühlem Wasser ist deshalb an solchen Tagen wichtig. Auch sollen sie die Möglichkeit zum Aufsuchen von Schattenflächen haben. Zugluft und kalte Bodenwinde vermindern die Aktivität der Zuchtgänse, was eine schlechte Befruchtung zur Folge hat. Für ihre Haltung ist ein natürlicher Lichttag ausreichend. Im zeitigen Frühjahr werden Legenester mit den Maßen 60cm(t) x 60cm(b) x 70cm(h) aufgestellt, damit sich die Legegänse rechtzeitig daran gewöhnen können. Der Futtertrog befindet sich im Stall, die Tränke im schattigen Auslauf. Zum Baden haben sich Kunststoffbecken mit den Abmessungen 100cm x 90cm x 18cm bewährt. Bei der Hobbyzucht kommt generell die Bodenhaltung mit Tiefstreu zur Anwendung. Die Einstreu muß frei von Schimmelpilzen und Schadstoffen sein und besteht oft aus kurzem Stroh oder Hobelspäne von Weichhölzern. Wechselausläufe sind gegenüber Standweiden vorteilhaft. Bei ihnen ist die Verkotung und auch die Schlammbildung an den Tränken wesentlich geringer. Außerdem steht den Gänsen nach erfolgtem Umtrieb ein sauberer Auslauf mit frischem, jungen Gras zur Verfügung. Im Frühjahr werden die Weiden mit Branntkalk gedüngt. Dadurch werden die Krankheitskeime abgetötet und das nachwachsende Gras ist für die Gänse schmackhafter.

Karl-Heinz Tuma, Lemförde

 

         

 

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